Perispasmos-A2: Entropie und Bücher

Von Luga Hunger:

Zum Einstieg in dieses Thema ist es notwendig, die Begriffe Konsistenz und Kohärenz zu betrachten. Sie bewerten die Qualität von Gedankengängen und Argumentationen in ähnlicher Weise. Der Unterschied liegt in den bewerteten Eigenschaften. Während der Begriff Konsistenz die Deckungsgleichheit der Argumente im Fokus hat, bezieht sich die Kohärenz auf ihre zusammenhängende Struktur. Konsistenz bedeutet also, dass sich die Teile einer Aussage nicht gegenseitig widersprechen. Dagegen bedeutet Kohärenz, dass eine Schlussfolgerung keine Lücken oder Sprünge enthält.

Eine inkonsistente Aussage ist zum Beispiel der Satz: „Die Straße ist nass und die Straße ist trocken“. Beide atomaren Teilaussagen widersprechen sich. Demgegenüber ist der Satz „Nachts ist es kälter als draußen“ bloß inkohärent, aber nicht inkonsistent. Er setzt eine Zeit- gegen eine Ortsbestimmung. Es fehlt der innere Zusammenhang zwischen dem ersten und dem zweiten Teil. In der Logik führt sowohl Inkonsistenz als auch Inkohärenz zur Entwertung einer Aussage. Es lässt sich dann weder Wahrheit noch Unwahrheit folgern. Die Schlussfolgerung „Tags ist es drinnen warm“ wäre im letzten Beispiel weder wahr noch falsch, sondern unzulässig und ungültig.

Wenn etwas kohärent ist, ist es notwendigerweise auch konsistent, also es widerspricht sich nicht. Konsistenz ist also eine notwendige Bedingung für Kohärenz, während Kohärenz hinreichend für Konsistenz ist.

Es gilt logisch: Wenn Kohärenz, dann Konsistenz.

Um Kohärenz zu erreichen, ist natürlich nicht nur Konsistenz notwendig, sondern noch mehr. Was alles zusammen hinreichend ist, ist umstritten, aber man kann gut davon ausgehen, dass Beziehungen zwischen Aussagen notwendig sind: Diese Beziehungen müssen so sein, dass Aussagen einander stützen: Aussage A könnte beispielsweise Aussage B rechtfertigen, erklären, implizit oder gar explizit folgern lassen. Je nachdem, wie eng diese Beziehung ist, wird die Kohärenz kleiner oder größer.

Zur Anwendung und Bedeutung der Kohärenz: Es gibt viele Theorien darüber, wie sich Wahrheit definieren lässt. Eine davon ist die sogenannte Kohärenztheorie der Wahrheit. Diese definiert eine Aussage als wahr, wenn sie Teil eines kohärenten Systems von Annahmen (~Wissen) ist.

Wenn Eins hört, dass FC Poloverli kürzlich gegen AS Orm oder FC Uncemhen in der FFE-Fußball-Liga gespielt und gewonnen hat, so muss Eins das nicht glauben, auch wenn es sehr wahrscheinlich ist. Doch wenn mensch wenige Tage zuvor gehört oder gelesen hatte, dass diese Partie anstünde, so spräche das für Kohärenz. Eins ist eher geneigt, das zu glauben. Hat Eins wenige Stunden vorher allerdings im Sportteil einer Zeitung gelesen, dass Poloverli verloren hat, so sind beide Aussagen im Widerspruch zueinander. Dann sind diese Aussagen auch nicht kohärent. Dann kommt es vielleicht darauf an, wem oder was mensch eher glaubt – oder was mensch öfter hört. Selbst Zeuge ist Eins nicht geworden, daher ist das „Wissen“ so oder so von anderen Aussagen abhängig. Wenn mensch mehrfach von Mitmenschen hört, dass und wie ein Ereignis stattgefunden hat, so glaubt mensch es eher.

Es ist nicht notwendig, dass Aussagen explizit auf etwas hinweisen. Es muss sich nicht immer um logisch deduktive Schlüsse handeln; auch nicht-deduktive Schlüsse können rational sein. Vom gestrigen Tragen einer Sonnenbrille lässt sich auf gutes Wetter schließen, besonders wenn es am heutigen Tag nicht bewölkt ist oder gar schneit. Die heutigen Temperaturen und Wetterverhältnisse machen es nicht möglich, deduktiv, also zwingend, auf das Wetter des Vortages zu schließen, aber sie machen es auch nicht komplett irrational zu glauben. Auch das Tragen einer Sonnenbrille ist zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter möglich, statistisch scheint es aber Sinn zu ergeben, von einigen Sonnenstrahlen auszugehen. Es muss alles bloß kohärent sein.

Problematisch dabei ist, dass ein komplett unwissendes Menschlein oder auch nur ein auf einem Gebiet vollkommen unerfahrenes Menschlein Aussagen von außen (oder innen) nicht überprüfen kann. Es kann sie nicht in Bezug zu vorhandenem Wissen setzen. Es kann sie nicht einfach überprüfen. Außerdem könnte es viele Aussagen im Kopf haben, die von der Außenwelt als absurd oder bloß als falsch bewertet würden.